Motto des Lektorats

Ein Gedicht von Joana Dörfler, die in ihrem Leben erst viele steuerrechtliche Texte Korrektur gelesen und sich danach selbstständig gemacht hat

Die Vergangenheit kannst du nicht ändern mehr –

wenn du sie leugnest, landest du in der Derealisation.

Wenn Interessenkonflikte bestehen allzu sehr –

auch wenn du sie alle mochtest, die Menschen aus der Vergangenheit, vielleicht auch deren Mutter oder Sohn…

 

Die Küche des Teufels wird dich nicht verschonen,

und du wirst nicht ungeachtet auf neuer Glückseligkeit wohnen.

Solange Menschen harmlos und naiv genug sind,

wirst du sie lieben wie dein Kind.

 

Gefährlichkeit erwirbst du in vieler Menschen Augen dadurch, die Wahrheit zu sagen,

während andere manch Entscheidung vertagen.

Den „Reinhart Fuchs“ im Mittelalter-Nebenfach als Halb-Pflichtlektüre beiläufig wahrgenommen,

wurd mir klar, dass vieles an Gesetzen gehört zerschollen.

 

Das lag an nem Professor gleichermaßen perfektionistisch, leidenschaftlich wie temperamentvoll –

keiner kann sich vorstellen, wie man sich reinsteigern kann in etwas, was andere finden oll.

Trotz Mittelalter-Literatur extrem lebenstüchtig und praktisch veranlagt –

er sprach sofort an, was anderer vertagt.

Er lief parallel zum Selbständigenfinanzamt

und war wie auch dieses weit entfernt von meinem Naturell – zu staatlich, bestimmt von fremder Hand.

 

Was das Steuergesetz mit Technologie-Einsatz will als modern verkaufen –

mittelalterlich wirkt es, wenn sich Bären raufen.

In Würde als Finanzamt wirken mit Symbol der Trompete,

statt mit Hightech, das vielen raubt im Endeffekt die Knete!

 

Die Trompete als Instrument habe ich nie geliebt,

doch manches kann sie versinnbildlichen, was sonst wäre komplett im Sand versiebt.

Mit Freunden sprach ich über den Professor –

wie konnte sich jemand reinsteigern in mittelalterliche Detailfragen haarklein, Studenten für Unverständnis schimpfen und so?

 

In meiner Lektoratsarbeit denke ich oft an ihn –

habe mir den Perfektionismus beibehalten und den Gedanken an die Brutalität potenzieller Feinde, Konkurrenten – und das mit Gewinn.

Kurz vor Studienabschluss kritisierte er eine Hauptseminararbeit von mir –

von Einsen verwöhnt kam ich mir merkwürdig vor, doch ich merkte es mir bis heute im Hier:

Gib alles möglichst gleich so ab,

dass niemand einen Überarbeitungswunsch äußert –

das hält Launen auf Trab.

 

Das Irritierende, Skurrile ist im Arbeitsleben eines Lektorats eher Normalität.

Krankhaftes, Absurdes weg – Selbstverständliches zu hinterfragen ist eher Aufgabe der Universität.

In der Praxis kommt es auf viele Formalitäten an:

Einheitlichkeit, semantische Logik und gesunden Menschenverstand – so brutal das auch anmuten kann.

 

Eine Autorität muss es nicht geben –

alles kann zerschellen wie im „Reinhart Fuchs“ – auch in deinem Leben!

Wir diskutieren alles, bis es fertig ist –

in Kommentaren wird Kritik am Werk geübt, bis sich alles zur Zufriedenheit gibt.

 

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